Home




 
Willkommen bei Chabad - Baden online!
 
 

 
 
Gedanke der Woche, Schmot:



Freuds große Freudsche Fehlleistung

von Rabbi Dr. Jonathan Sacks

Es war Freuds größte Freudsche Fehlleistung, und aus irgendeinem Grund haben seine Kritiker, zumindest soweit ich sie gelesen habe, diesen Irrtum nicht bemerkt. Man findet diesen Fehler in Freuds letztem Buch, „Moses und der Monotheismus“ – ein wahrhaft seltsames Buch, das 1939 erschien. Damals hatte Freud in Großbritannien Zuflucht gesucht. Wäre er in Wien geblieben, weiß der Himmel, welche Demütigungen er hätte erdulden müssen, bevor die Nazis ihn mit den anderen Juden umgebracht hätten. In dieser verzweifelten Zeit schrieb Freud - warum, weiß ich nicht – ein Buch, das er zunächst als „historischen Roman“ bezeichnete und in dem er nachzuweisen versuchte, dass Mosche Ägypter war. Es wurde viel darüber spekuliert, warum er es schrieb, aber ich möchte mich an diesen Vermutungen nicht beteiligen. Am Anfang des Buches schildert Freud eine äußerst merkwürdige Episode.
Er erwähnt, dass einige Gelehrte in den Geschichten über die Kindheit von Helden ein gemeinsames Thema entdeckt haben. Die Geburt des Helden ist von Gefahren überschattet. Als Baby wird er den Elementen ausgeliefert und müsste normalerweise sterben. Manchmal wird er in eine Kiste gelegt und ins Wasser geworfen. Aber er wird gerettet und von Adoptiveltern aufgezogen. Schließlich erfährt er seine wahre Herkunft. Dies ist die Geschichte von Sargon, Gilgamesch, Ödipus, Romulus und vielen anderen – auch von Mosche.
Hier merkt Freud jedoch an, dass Mosches Geschichte in einer bestimmten Hinsicht von den anderen stark abweiche – sie sei das genaue Gegenteil. Üblicherweise sind die Adoptiveltern des Helden bescheidene, gewöhnliche Leute, und der Held findet heraus, dass er von königlichem Geblüt ist. Bei Mosche war es umgekehrt: Seine Adoptivfamilie war königlich, denn die Tochter des Pharaos zog ihn auf. Und wie er herausfand, gehörte er in Wirklichkeit zu einem Volk von Knechten.
Freud sieht das, erkennt aber nicht, was es bedeutet. Stattdessen wechselt er das Thema und kommt zu dem Ergebnis, die Geschichte sei erfunden und wolle verschleiern, dass Mosche der Sohn einer Pharaonentochter war, also ein ägyptischer Prinz. Freud merkt nicht, dass die Geschichte von Mosche kein Mythos ist, sondern ein Antimythos – sie stellt einen Mythos auf den Kopf.
Die Botschaft ist einfach und revolutionär. Wahres Königtum, so erklärt die Bibel, ist eben nicht so, wie die meisten Leute es verstehen. Es bedeutet nicht Vorrechte, Reichtum, Prunk und Paläste. Nicht Macht ist wichtig, sondern der Kampf für Gerechtigkeit und Freiheit. Wäre Mosche ein ägyptischer Prinz gewesen, wäre er nie aufgefallen. Nur weil er seinem Volk und G–tt treu war, wurde er zum Helden.
Freud hatte gemischte Gefühle, was das Judentum anbelangt. Er bewunderte es, aber er war auf einem Ohr taub für seine Musik. Darum, vermute ich, merkte er nicht, dass er auf eine der wichtigsten Lehren in der ganzen Bibel gestoßen war: G-tt liebt Menschen, die von der Welt verachtet werden. Ein Sklavenkind kann größer als ein Prinz sein. G–tt kümmert sich nicht um Macht und Privilegien; er ist auf der Seite der Schwachen, Machtlosen, Bedrängten, Leidenden und all jener, die für ihre gute Sache kämpfen. Was für eine Botschaft des Mutes hätte Freud seinem Volk in jener dunklen Zeit senden können! Aber wir wollen nicht übersehen, was er übersehen hat: dass Mosches Geschichte eines der großartigsten Epen der Hoffnung in der Weltliteratur ist.





Der Standpunkt des Rebbe
Zeitreisen

Um die Vergangenheit zu ändern, brauchst du keine Zeitmaschine. Es genügt eine Fernsteuerung. Das geht so: G-tt befindet sich jenseits der Zeit und beobachtet dich jetzt, in diesem Augenblick. Von diesem Standpunkt aus erschafft er alles: die Gegenwart, die Vergangenheit und die Zukunft. Und mit jedem neuen Moment erschafft er auch die Vergangenheit neu, als sei sie nie gewesen. Ändere also deine Gegenwart, und du änderst mit ihr deine Vergangenheit.




Leitgedanken

Frage: Nach Rabbi Meir (Sota 12a) war das Gute an ihm der Umstand, dass er von Geburt an beschnitten war. Woraus schließt Rabbi Meir, dass das Wort „tow“ (gut) sich darauf bezieht?
Antwort: Die Schöpfungsgeschichte erklärt bei jedem Tag: „G-tt sah, dass es tow (gut) war“ – außer beim zweiten Tag. Der Grund ist, dass die Schöpfung am zweiten Tag unvollständig war. Darum erscheint das Wort „tow“ am dritten Tag zweimal, nachdem die Erschaffung des Wassers vollendet war. Auch der Mensch ist unvollständig, und er muss am achten Tag beschnitten werden – dann erst ist das Wort „tow“ angebracht. Da Jochewed sagte, er sei „gut“, war er offensichtlich beschnitten, also vollständig.




Die beiden Wege des Mundes

Eines Tages wies Rabbi Israel Baal Schem Tow einige seiner Schüler an, eine Reise zu machen. Er sagte nicht, wohin, und sie fragten nicht; sie ließen sich von der g-ttlichen Vorsehung leiten und vertrauten darauf, dass ihnen Ziel und Zweck der Reise offenbart würden, sobald es notwendig war.
Nachdem sie mehrere Stunden gefahren waren, hielten sie an einer Straßenherberge, um zu essen und zu ruhen. Die Schüler des Baal Schem Tow waren fromme Juden, die Kaschrut peinlich genau einhielten, und als sie erfuhren, dass der Wirt ihnen Fleisch vorsetzen wollte, baten sie, mit dem Schochet sprechen zu dürfen. Sie prüften sein Wissen und seinen Glauben und untersuchten sein Messer auf mögliche Fehler. Die Diskussion über Kaschrut dauerte während der ganzen Mahlzeit an, denn sie fragten nach der Herkunft jeder einzelnen Zutat. Während sie sprachen und aßen, meldete sich hinter dem Herd eine Stimme. Dort ruhte sich ein alter Bettler neben seinem Bündel aus. „Liebe Juden“, rief er, „ihr achtet darauf, was euer Mund zu sich nimmt. Aber achtet ihr ebenso gut darauf, was er von sich gibt?“ Daraufhin beendeten die Chassidim ihr Mahl stumm, kletterten auf ihren Wagen und fuhren nach Hause zurück. Jetzt wussten sie, warum der Rebbe sie an diesem Morgen auf die Reise geschickt hatte.




 
 
 

Webmaster - Grigori Zagalski

Chabad-Baden.de © 2004