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Gedanke der Woche, Paraschat Waera :
Vertrauen
von Yanki Tauber
Sie
wissen bestimmt, wie man sich nach einem Streit mit
einem geliebten Menschen fühlt - es sei denn, Sie
fuhren eine jener idealen Ehen, in denen stets eitel
Sonnenschein herrscht.
Harte Worte sind gefallen, zornige Worte und Vorwurfe.
Dann herrschte Stille, weil es nichts mehr zu sagen
gab. Geblieben sind Schmerzen und Ungläubigkeit,
aber auch eine sonderbare Gelassenheit. Ihnen ist klar,
dass ihr Mann oder Ihre Frau etwas an sich hat, was
Sie nie verstehen werden. Und das ist gut so, weil es
gar nicht anders sein kann.
Noch haben Sie nicht akzeptiert oder verziehen, was
gesagt und getan wurde, und vielleicht geschieht das
nie. Aber da ist noch etwas, was Sie nie zuvor empfunden
haben, zumindest nicht ganz so: ein Gefühl des
Vertrauens. Vielleicht weiß Ihr Verstand es nicht,
weil Sie zu wütend oder zu abgestumpft sind; aber
Ihr Blut und Ihre Knochen wissen, dass Sie beide immer
noch aneinander, an Ihre Ehe und an Ihre gemeinsame
Zukunft glauben, einerlei, wie qualvoll die Schmerzen
und die Verständnislosigkeit derzeit sein mögen.
Diese Stimmung passt zu der Zeit nach der Torahlesung
Schemot, in dessen Schlussversen Mosche, der größte
Lehrer der Juden, das Leid seines Volkes beklagt: "Warum
hast du diesem Volk Ubles getan?", schrie er zu G-tt.
"Warum hast du mich gesandt? Seitdem ich vor dem Pharao
in deinem Namen gesprochen habe, wurde alles noch schlimmer
fur das Volk! Und du tust nichts, um es zu retten."
G-ttes Antwort ist ebenso schroff; er weist Mosche zurecht
und bestraft ihn sogar für seine Vorwurfe.
Diesem Streit folgen die ersten Worte des folgenden
Wochenabschnitts, Wa-era. Mosches Schrei wird nicht
beantwortet, aber seine schlimmen Worte werden auch
nicht unterdrückt. Stattdessen erinnert der Text
an das Fundament der Ehe zwischen G-tt und seinem Volk:
die Versprechen, die er Awraham, Jizchak und Jaakow
machte, die Garantie der baldigen Erlösung. In
dieser Ehe ist manches geschehen, was wir nicht verstehen
oder akzeptieren können, zumindest nicht mit dem
Verstand. Aber das Band hält! Heute, am Kreuzweg
unserer Geschichte Jude zu sein bedeutet, Ähnliches
zu erfahren wie Mosche am Ubergang von Schemot zu Wa-era.
Wenn alle unsere Träume sich zu erfüllen scheinen,
bricht plötzlich alles zusammen. Schwarze Wolken
der Verzweiflung verdüstern unseren Himmel, und
wir rufen in hilflosem Zorn: "Warum gerade wir? Warum
tun wir einander das an?" In solchen Zeiten wird uns
klar, worin unser Bund mit G-tt wirklich besteht, und
süßer Friede keimt in unserer verstörten
Seele. Wir erkennen, dass wir G-tt vertrauen.
Der Standpunkt des Rebbe
Dunkelheit und Freiheit
Der freie Wille gehört zu G-ttes Wesen, denn nur
er allein ist wirklich frei. Und einen Teil seines Wesens
atmet er in die Nasenlöcher des Menschen, so dass
auch der Mensch frei wird und sein Schicksal selbst bestimmen
kann. Diese Wahlfreiheit ist das Entscheidende. Die Dunkelheit,
die Verwirrung, die Möglichkeit, Böses zu tun,
hat also ihren Sinn: Das alles ist die Bühne fur
den freien Willen des Menschen, also auch fur G-ttes Wesen.
Doch was geschieht, wenn ein Mensch sich für das
Böse entscheidet? Wird G-ttes Wesen auch dann offenbart?
Nein. Denn im Bösen ist kein Licht, und ohne Licht
wird nichts enthüllt. Nur wenn wir beschließen,
Gutes zu tun, kommt das Licht und enthullt, was Dunkelheit
wirklich ist.
Leitgedanken
"Doch als der Pharao sah, dass es besser wurde, verhartete
er sein Herz und hörte nicht auf sie" (8:11).
Frage: Als der Pharao Mosche bat,
die Frösche zu beseitigen, sagte er: "Wa'aschalcha
et ha'am" (Und ich werde das Volk gehen lassen - 8:4).
Warum hielt er sein Wort nicht?
Antwort: Der Pharao war sich nicht
sicher, ob Mosche wirklich ein Gesandter G-ttes war,
der die Juden erlösen sollte, oder ob er nur
ein ungewöhnlicher mächtiger Zauberer war.
Der Pharao war absolut böse und wollte die Juden
nicht freilassen. Darum beschloss er, Mosche zu prüfen,
um die Quelle seiner Macht zu entdecken.
Der Pharao rief Mosche und log: "Wenn du die Frösche
entfernst, lasse ich dein Volk gehen." Er dachte:
"Wenn er wirklich Haschems Bote ist, weiß er,
dass ich lüge, und beseitigt die Frosche nicht.
Wenn er sie doch beseitigt, weiß ich, dass er
nur ein großer Magier ist." Da Mosche aus der
Sicht des Pharaos die Prüfung nicht bestand,
weigerte der Pharao sich noch hartnäckiger, die
Juden frei zu lassen.
Im Jahr 1807 waren Vertreter zweier großer chassidischer
Gemeinden beim russischen Zaren Schlobin zu Gast.
Man nennt diese Begegnung "Schlobiner Hochzeit", weil
eine Enkelin von Rabbi Schneur Salman von Ladi einen
Enkel von Rabbi Levi Jizchak von Berditschew heiratete.
Wahrend der Feier hob Rabbi Salman sein Glas und sagte:
" L'chaim! Moge der Allm-chtige seinem Volk alles
geben, was es in materieller und spiritueller Hinsicht
braucht!"
"Sollte es nicht umgekehrt sein?", fragte Rabbi Levi
Jizchak. "Muss das Spirituelle nicht vor dem Materiellen
kommen?" "Ich sage nur, was unser Großvater
Jaakow sagte", antwortete Rabbi Schneur Salman. "Zuerst
bat er G-tt (Genesis 28:20), ihm Essen und Kleider
zu geben, und erst danach, im folgenden Vers, betete
er darum, der Herr möge sein G-tt sein." "Kannst
du Jaakows materielles Leben mit unserem Leben vergleichen?",
fragte Rabbi Levi Jizchak. "Kannst du Jaakows Spiritualitat
mit unserer vergleichen?", erwiderte Rabbi Schneur
Salman.
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